{Rezension} Zuhause bei Audrey
von Luca Dotti (Dumont Verlag)

Wer Audrey Hepburn ist wissen wir alle. Oder? Zumindest meinen wir sie zu kennen denn so ziemlich jeder hat schon einmal das Cover zu “Breakfast at Tiffany’s” gesehen und wer wenn nicht Audrey Hepburn wird automatisch mit diesem Klassiker in Verbindung gebracht? Aber wer steckte hinter der Frau mit den schwarzen Handschuhen, den Brillanten und der Hochsteckfrisur? Ich bin über das Buch Zuhause bei Audrey* aus dem Dumont Verlag gestolpert und habe einen genaueren Blick riskiert…

Zum Autor

Der Autor des Buches ist Luca Dotti – der jüngere von Audrey Hepburns Söhnen. Zusammen mit seiner Familie lebt und arbeitet der Grafikdesigner in Rom. Nach dem Bildband “Audrey in Rome” ist dies sein zweites Buch über seine verstorbene Mutter – die Ikone Audrey Hepburn. Auf dem nachfolgenden Foto sieht man Luca als Baby zusammen mit seiner Mutter. Eines der unzähligen Fotos in diesem Buch.
© Condé Nast Archive / Corbis

Erster Eindruck

Das Buch ist fest gebunden und hat eine Banderole. Ich persönlich bin kein großer Fan von Schutzumschlägen, da sie bei mir meist knicken und nach kurzer Zeit schon schrecklich aussehen. Mit einer Banderole hingegen kann ich leben. Wen sie stört, der nimmt sie ab – darunter befindet sich auf einem beigen Untergrund genau das gleiche Motiv in schwarz-weiß.
Das Buch hat zwei Lesebändchen – für mich immer ein Pluspunkt zumal es in diesem Fall gleich doppelt nützlich ist: Einerseits kann man sich merken, wo man mit dem Lesen ist, andererseits bleibt ein Bändchen um ein Rezept zu markieren.
Die Seiten sind rau und haben eine angenehme Stärke. Was beim ersten Durchblättern aber sofort ins Auge sticht und so ziemlich alles andere vergessen lässt ist die schier unendliche Anzahl an teilweise sehr persönlichen Fotos. Aber dazu erzähle ich gleich mehr.

Inhalt

Das Buch beginnt mit einer kurzen aber sehr persönlichen Einleitung von Luca Dotti. Direkt im Anschluss folgt auch schon das Inhaltsverzeichnis. Das Buch ist in sechs Kapitel unterteilt, gefolgt von einer kurzen Biographie Audrey Hepburns und schließt nach dem Quellen- und Bildnachweis mit dem Rezeptregister ab. Die Kapitel sind wie folgt unterteilt:
  • Niederlande – Krieg und Verlust des Zuhauses
  • Hollywood – Neue Horizonte entdecken
  • Rom – Ehefrau und Mutter
  • Die Schweiz – Ihr Rückzugsort
  • Das Wesentliche – Die Definition vom Glück
  • Was wirklich zählt – Ihr Vermächtnis
Man merkt sofort, dass es sich nicht um ein klassisches Kochbuch handelt. Vielmehr ist es eine Biographie, die Rezepte einbindet. Rezepte, die sowohl im Leben der Audrey Hepburn als auch im Leben ihres Sohnes eine Rolle spielten. Luca Dotti erzählt von der Leidenschaft seiner Mutter für gutes Essen. Wenn sie verreiste, so hatte sie stets vernünftige Pasta im Gepäck. Mir persönlich war Audrey Hepburn nur als Schauspielerin ein Begriff. Ich habe mich nie wirklich mit ihr beschäftigt und dennoch zieht mich das Buch in seinen Bann. Es enthält insgesamt über 250 – teils sehr private – Fotos. Die einzelnen Kapitel spiegeln sehr gut die verschiedenen Stationen ihres Lebens wider. Im ersten Kapitel geht es um ihre Herkunft und um den Krieg, den sie unweigerlich miterlebte. Im zweiten Kapitel geht es um ihre Karriere und ihr Leben als Hollywoodschauspielerin. Rom war schließlich der Ort, an dem sie zusammen mit ihrem zweiten Mann und den Kindern lebte und das Leben abseits des Scheinwerferlichtes genoss. Und die Schweiz – ihr eigentlicher Rückzugsort. Hier lebte sie bis zuletzt und verstarb in ihrem Haus am Genfer See. All diese Kapitel sind gespickt mit persönlichen Erinnerungen, Fotos und – nicht zu vergessen – Rezepten. Diese stammen allesamt aus dem persönlichen Kochbuch von Audrey Hepburn.
© Audrey Hepburn Estate Collection

Rezepte

Die Rezepte sind bunt gemischt. Es gibt keine klare Linie. Es handelt sich weder um ein niederländisches noch um ein amerikanisches oder italienisches Kochbuch. Es ist ein Rezeptepotpourri mit Gebäck aus Frankreich, Deftigem aus Italien oder den Niederlanden. Von Hutspot über Madeleines bis hin zu Currys findet man alles. Eben alles Rezepte, die bei Audrey Hepburn und somit selbstverständlich auch ihrem Sohn auf den Tisch kamen.
Die Rezepte sind schlicht gehalten, die Zutaten meist an zwei Händen abzählbar und in jedem Supermarkt zu bekommen. Bei vielen Rezepten möchte man kaum meinen, dass die zierliche Audrey sie selbst verspeist hat… Aber Essen stand bei ihr hoch im Kurs und vor allem das Frühstück war für sie von großer Bedeutung. So findet man neben süßem Gebäck und herzhaften Schmor- und Pastagerichten auch Marmeladenrezepte.
Für jedes Rezept wird angegeben, für wieviele Personen es gedacht ist. Die Zubereitungsschritte sind – genau wie die Rezepte auch – unkompliziert und kaum ein Rezept benötigt mehr als eine Seite. Es finden sich immer wieder nützliche Tipps wie z.B. zum Sterilisieren von Gläsern oder zum Schälen von Tomaten. Wer auf der Suche nach gehobener Küche ist, wird mit diesem Kochbuch nicht glücklich. Es sind familientaugliche Rezepte mit wenig Chichi und vor allem wenig Aufwand. Hier ein kleiner Auszug:
  • Gefüllte Tomaten
  • Kalbsbraten mit Pilzsoße
  • Kartoffelbällchen
  • Madeleines
  • Penne alla vodka
  • Quittengelee
  • Spaghetti al pomodoro
  • Mousse au chocolat
  • Ofenkartoffeln mit Lachs
Ich denke, die oben genannten Rezepte sprechen für sich. Nun kommen wir zum einzigen offensichtlichen Manko. Keines (!) der insgesamt 75 Rezepte ist bebildert. Wer auf der Suche nach hübschen Foodfotos mit netten Tellern und ein wenig Chichi ist, der sucht in diesem Buch lang. Ich bin ein sehr visuell eingestellter Mensch und liebe schöne Foodfotos. In diesem Fall muss ich aber ehrlich (Hand aufs Herz) gestehen, dass es mich nicht wirklich stört, keine Fotos zu haben. Die Gerichte sind allesamt so einfach, dass man das Ergebnis nicht unbedingt als Bild haben muss. Wie ein Applecrumble oder eine Kirschmarmelade aussieht, weiß fast jeder. Wer aber auch bei einfachen Gerichten nicht auf eine visuelle Darstellung verzichten mag, der wird hier enttäuscht.
© Audrey Hepburn Estate Collection

Resumé

Das Buch ist tatsächlich ganz anders als die meisten meiner Kochbücher. Geht es primär um Rezepte? Jein. Geht es primär um den Genussmensch Audrey Hepburn? Ich denke schon. Wer auf der Suche nach einer Rezeptebibel mit möglichst ausgefallenen Kreationen ist, sollte einen möglichst großen Bogen um dieses Buch machen. Wer jedoch – wie ich – gerne einen Blick in das Leben eines Menschen wirft, für den Genuss eine große Rolle gespielt hat, der darf beherzt in den nächsten Buchladen spazieren und einen Blick riskieren. Die persönlichen Erinnerungen und Anekdoten von Luca Dotti machen das Buch zu etwas ganz Besonderem – zu weit mehr als einer schnöden Rezeptesammlung. In diesem Fall hat mich das Fehlen der Rezeptfotos wirklich nicht im Geringsten gestört zumal es in meinen Augen nicht zu all den Fotos aus vergangenen Tagen gepasst hätte. Ich bin fest davon überzeugt, es hätte den Charme des Buches zerstört. In meinen Augen ein ideales Geschenk für jeden “Foodie” – egal ob Audrey Hepburn Fan oder nicht.

Infos

Titel: Zuhause bei Audrey*
Autoren: Luca Dotti mit Luigi Spinola
Erschienen im Dumont Verlag
ISBN-13: 978-3-8321-9906-7
256 Seiten, 175 farbige Abbildungen, 80 schwarz/weiß Abbildungen
34,99 Euro

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